Клаус и Уте Тешемахер / Klaus und Ute Teschemacher
Sie begaben sich nach Hamburg, in ein großes DP-Lager, der zum Ausgangspunkt ihrer Suche nach dem Vater und seinen älteren Kindern wurde. Außerhalb des Lagers war «Jude» nach wie vor ein Schimpfwort, deswegen möchte die Mutter nicht als Jüdin identifiziert werden, wenn sie durchs Lagertor ging; der kleine Klaus wusste auch gut, dass er sein Judensein lieber nicht offenbaren musste. Zu seiner jüdischen Härtung trug der Antisemitismus als Tradition des jüdischen Lebens auch bei.
Im Lager schätzten sowohl Erwachsene als auch Kinder Freundschaft hoch ein und bildeten gerne Gruppen und Scharen, die zusammen am Rande des Erlaubten etwas machten (jedoch, auch über den Rand hinaus) Die Schar, in die Klaus aufgenommen wurde, stahl Räder von den Jeeps der Besatzungsmächte. An der 4 km vom Lager entfernten Grenze zwischen der britischen und der sowjetischen Zone wurden Bartergeschäfte zwischen den flotten Jugendlichen und sowjetischen Offizieren abgewickelt – Räder wurden gegen Lebensmittel getauscht! Das war der erste direkte Kontakt des zukünftigen Vorsitzenden der Gemeinde Freiburg mit sowjetischen Menschen und Sitten. Der Name eines unternehmerischen Majors von damals – Igor – setzt sich immer noch fest in seinem Gedächtnis.
Bald wurden die jungen Geschäftsmacher entlarvt und Geschäft wurde gestoppt.
Die Mutter wurde psychisch schwer krank – kein Wunder, wenn man bedenkt, was sie alles erlebte. Sie wurde in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Den 11-jährigen Klaus nahm der Onkel in Berlin auf – ein hochqualifizierter Bauunternehmer. Nach 4 Monaten kehrte die Mutter zurück in die Harzer Wohnung, und Mutter und Sohn waren wieder vereint. Ca. 1 Jahr später wurde die Mutter für längere und nicht absehbare Zeit erneut in eine Psychiatrische Anstalt eingewiesen.
Dann nahm Klaus ein anderer Onkel nach Australien, d.h. Sydney auf. Dort wurde er auch in der Großen Synagoge von Sydney Bar Mitzwa gefeiert!
Ende 1954 kehrte der Junge nach Deutschland zurück, das Schulleben nahm seinen Lauf bis der australische Onkel der Meinung war, Klaus müsse auch fließend Französisch lernen.
So ging er für ein weiteres Jahr nach Paris um sich entsprechend Sprachkenntnisse anzueignen. Bei einem nächtlichen Besuch in «Les Halles», den Markthallen von Paris, wurde der Pass entwendet, und so kehrte Klaus in den Harz zur Mutter zurück, allerdings recht abenteuerlich über die «schwarze» Grenze bei Saarbrücken.
Nach Beendigung der Schule (ohne Abitur) trat er in die Bundesmarine ein, und wurde recht bald – wegen der guten Sprachkennnisse nach USA versetzt und ein Jahr später an das Amt des Marine-attaché nach London an die Deutsche Botschaft. Etwas später auch eine Anstellung in Indien.
«Das werden wir schon sehen…»:
Freiburg und Emmendingen
In Berlin (um diese Zeit war seine Mutter bereits aus dem Krankenhaus entlassen worden) studierte Klaus wieder und erlernte neue Berufe: Tischler, Möbelverkäufer, Architekt. 1964 siedelte Teschemacher in die südbadische Stadt Lörrach um, wo er bei einem Möbelvertriebsunternehmen tätig war. Dort heiratete er, aber seine Frau verstarb 1970 und hinterließ ihm zwei Söhne. 1971 musste er sich auch von seiner Mutter verabschieden.
1972 setzte Teschemacher sein Studium fort – zuerst in Freiburg, in der pädagogischen Hochschule (Theologie, Soziologie und Psychologie), dann an der Universität Tübingen (Sonderpädagogik, d. h. die Kunst, kranke und behinderte Kinder zu lehren, und Judaistik). Die letzten Semester verbrachte er in Jerusalem (Holocaust-Studien) und dann wieder in Freiburg (Geschichte und Völkerkunde).